Wachstumsstrategie: Wie sich Unternehmen die Zukunft erarbeiten

Tuesday, July 5, 2016
© 2015 Marc Sniukas — Working on The Art of Opportunity in Brussels

Neue Märkte, neue Produkte, neue Zielgruppen: Früher oder später muss sich jedes Unternehmen die Frage stellen, wie es wachsen kann und will. Dabei braucht es nur drei Schritte zur perfekten Wachstumsstrategie.

2012 setze das führende Medienunternehmen im deutschen TV-Werbemarkt, ProSiebenSat.1, sich das Ziel den Umsatz bis zum Jahr 2018 um 1 Milliarde Euro, von 2,4 Milliarden Umsatz auf 3,4 zu steigern. Ende 2015 dann die Erkenntnis: die Umsatzziele müssen revidiert werden. Aber nicht nach unten. Im Gegenteil. Pro7 hatte 2015 mit einem Umsatz von 3,2 Milliarden das Ziel schon fast erreicht. Die Umsatzziele 2018 wurden auf 4,2 Milliarden erhöht. Musste Ihr Unternehmen seine Ziele schon mal erhöhen, weil die Strategie besser gut funktioniert hat als geplant?

Jedes Unternehmen stellt sich früher oder später die Frage „Wie können wir wachsen?“ Um Innovation, Wachstum, und neue Märkte zu schaffen, ändern erfolgreiche Unternehmen nicht nur ihre Definition von Strategie, sondern auch, wie sie Strategien entwickeln und umsetzen: Strategie als die Entdeckung und Ergreifung von Chancen.

Schritt 1: Finden Sie neue Wachstumschancen

  • Entdecken Sie die Nicht-Kunden. Traditionelle Methoden haben uns gelehrt, wir sollten uns auf bestehende Kunden konzentrieren, und diese noch zufriedener machen. Außerordentliche Wachstumsmöglichkeiten können Sie dort aber nicht erwarten. Gute Kunden kaufen zumeist schon soviel sie brauchen. Wachstumschancen finden Sie bei unzufriedenen Kunden, oder Kunden, die keine sind, sprich, sogenannten „Nicht-Kunden“.
  • Lernen Sie Ihre Kunden kennen. Wissen Sie eigentlich wieso Kunden bei Ihnen Kunde sind, oder eben nicht sind? Die meisten Unternehmen glauben es zu wissen, aber so wirklich tun sie das nicht. Ihre Kunden zu kennen bedeutet zu wissen, was deren Bedürfnisse sind. Kunden kaufen Produkte nicht, weil sie diese besitzen wollen, sondern sie sind nur Mittel zum Zweck.
  • Wie sieht das Kundenerlebnis aus? Wenn Kunden ein Bedürfnis haben, müssen sie zumeist einige Ding tun, um dieses zu erfüllen. Zum Beispiel Alternativen suchen, diese bewerten, eine Entscheidung treffen, das Produkt kaufen, es gegebenenfalls nach Hause bringen, konsumieren, und vielleicht auch wieder entsorgen. Jeder dieser Schritte birgt Gefahren, den Kunden unzufrieden zu stimmen. Kunden wirklich zu kennen, bedeutet auch, dass Sie dies nicht einem Marktforschungsinstitut überlassen können. Gehen Sie selbst hinaus, reden Sie mit Kunden und seien Sie ein Kunde ihres eigenen Unternehmens. Lernen Sie das Kundenerlebnis, seine Gefahren und Schwierigkeiten kennen. Dort verbergen sich Ihre Chancen.

Der amerikanische Hersteller von medizinischen Werkzeugen, Cardinal Health, hat entdeckt, dass die Vorbereitung des Operationsbestecks äußerst schwierig ist und dabei viele Fehler unterlaufen. Im Durchschnitt werden bei einer Operation über 200 Werkzeuge benötigt, und das Besteck muss manuell nach Präferenz des Arztes zusammengestellt werden, und wird dann auf einem Tablett zum Operationssaal gebracht. Cardinal Health hat eine online Lösung entwickelt, bei der der Arzt die Operation Schritt für Schritt durchgehen und für jeden Schritt das passende Werkzeug aussuchen und bestellen kann. Das Besteck wird dann kurz vor der Operation steril verpackt geliefert und ist sogar in der benötigten Reihenfolge organisiert.

Schritt 2: Entwickeln Sie Ihre Strategie

Wenn Sie eine Gelegenheit entdeckt haben, geht es darum sich zu überlegen, wie Sie diese ergreifen wollen. Erfolgreiche Wachstumsunternehmen konzentrieren sich dabei auf drei Dinge:

  1. Das Angebot: Eine Kombination aus Produkten, Dienstleistungen und einem einmaligen Erlebnis für den Kunden. Konzentrieren Sie sich dabei darauf es dem Kunden so angenehm wie nur möglich zu machen.
  2. Das Geschäftsmodell: Fragen Sie sich, welche Aktivitäten nötig sind, um das Angebot zu erstellen und an den Kunden zu bringen. Was braucht es an Ressourcen und Fähigkeiten, um diese Aktivitäten auszuführen? Ist Ihr Unternehmen am besten geeignet diese Aktivitäten auszuführen, oder brauchen Sie Partner dazu?
  3. Das Umsatzmodell: Ihr Umsatzmodell definiert, wo das Geld herkommt, sprich wofür Ihre Kunden bezahlen und wie sie Ihren Preis festlegen.

Diese drei Dinge bestimmen das Kundenerlebnis. Dabei geht es nicht darum, die Antworten alle zu kennen, oder einen 5 Jahres Strategieplan zu erstellen. Es reicht zunächst einfach nur eine einfache Idee zu haben, wie Sie die Kundenbedürfnisse erfüllen wollen.

Der Werkzeughersteller Hilti aus Liechtenstein hat sich in den letzten 20 Jahren vom simplen Hersteller von Werkzeugen für das Baugewerbe zum Anbieter einer umfangreichen Lösungen und Kundenerlebnissen entwickelt. Hilti bietet zum Beispiel das sogenannte „Flottenmanagement“ an, wobei die Kunden die Geräte nicht einmal mehr kaufen müssen, sondern diese samt dazugehörigen Leistungen wie Logistik, Lagerverwaltung, und Wartung, ganz einfach mieten. Das neue Angebot, bedurfte auch eines neuen Geschäftsmodells, da Hilti neue Aktivitäten ausführen muss, und eines neuen Umsatzmodells, vom einmaligen Verkauf hin zur monatlichen Miete.

Schritt 3: Testen Sie Ihr neues Geschäft

  • Wenn Sie eine Idee haben, müssen Sie sich natürlich überlegen, ob sie was taugt.
  • Gibt es einen Mehrwert? Als erstes sollten Sie sich überlegen, ob Ihre neue Strategie wirklich einen Mehrwert schafft, und zwar nicht nur für Ihr Unternehmen, sondern auch für Ihre Kunden, und Partner mit denen Sie zusammenarbeiten wollen.
  • Haben die Kunden Interesse? Als nächstes sollten Sie Ihre Kunden fragen, ob diese auch überzeugt sind von Ihrer Idee.
  • Wagen Sie erste Schritte. Erst dann können Sie anfangen, das Geschäft in die Tat umzusetzen. Zunächst sollten Sie sich auf eine Handvoll Kunden konzentrieren. Machen Sie erste Erfahrungen und lernen Sie was funktioniert, und was noch überarbeitet werden muss. Durch mehrere Zyklen von Umsetzen, Lernen, Adaptieren, entwickelt sich die Strategie schrittweise weiter, bis zu einem Punkt, wo sie so gut funktioniert, dass sie auf größerer Ebene ausgerollt werden kann. So schaffen Sie schnelles und kontinuierliches Wachstum, ohne große Risiken eingehen zu müssen.

Apple hat weder den MP3-Player erfunden, noch hatte es die Idee zum Download von Musik. Apple hat es aber geschafft als Erster ein Angebot, Geschäftsmodell und Umsatzmodell zu entwickeln, das dem Kunden, den Plattfirmen, und natürlich sich selbst einen Mehrwert gebracht hat. Der Kunde kann einfach und günstig Musik kaufen und verwalten. Die Plattenfirmen haben eine sichere Möglichkeit Musik kopiergeschützt digital zu vertreiben und sie haben Zugang zu einem globalen Vertriebsnetz. Der strategische Mehrwert für Apple lag vor allem darin, dass die iTunes Plattform es ermöglicht hat in weitere neue Geschäfte, wie zum Beispiel online Filme, vorzustoßen.


Originally published at www.wiwo.de.


Dr. Marc Sniukas

Marc has built and delivered corporate strategy, innovation, and transformation programs around the globe. Co-author, The Art of Opportunity, he is a member of the global Educator Network of Duke Corporate Education.


Share this post:

Explore more

Stay in the loop.